Rezensionen zu Im Fluss des Lebens

Rezension von Yürgen Oster im Taiji Qigong Journal 3/2014

 

Vor mir liegt das Buch, welches zu schreiben ich vermieden habe. Warum habe ich das vermieden? Weil im Großen und Ganzen alles Grundsätzliche über Qigong schon geschrieben wurde, nur noch nicht von jedem. Nun haben Gerhard Wenzel und Norbert Herwegh es auch getan. Die beiden Autoren sind in Österreich sehr engagiert, haben dort eine nationale Qigong-Gesellschaft ins Leben gerufen und bilden seit vielen Jahren Menschen zu Kursleitern und Lehrern aus.

 

Das Buch wurde aus den Erfahrungen des Unterrichtens und den dabei verteilten Materialien entwickelt. Sicher sind auf diesem Weg auch viele Gedanken der Studierenden mit eingeflossen. So entsteht eine Lebendigkeit, die weit über das Auflisten altbekannter Fakten hinausgeht. Die Lesenden werden geradezu persönlich durch die Materie geführt. Auf jeden Fall hat die langjährige Erfahrung eine saubere, fast akademische Gliederung des Buchs erwirkt.

 

Um es klar und deutlich zu sagen: Es ist ein gelungenes Buch. Da es bei dem Buch nicht um eine bestimmte Qigong-Methode geht, sondern allgemein um den Entwicklungsweg, den Praktizierende nehmen können, werden die klassischen Themen von Anfang an in diesem Sinne besprochen. So wird vermieden, die Wirkung von Qigong als einen Teil der klassischen chinesischen Medizin zu beschreiben, wie es in vielen anderen Büchern der Fall ist. Mit anschaulichen Beispielen werden die Funktionen des energetischen Körpers schrittweise verständlich. So geht es nach der Einleitung von Yin und Yang über die drei Schätze zu den fünf Elementen und die Strukturen der Leitbahnen zu den Speicherplätzen.

 

Hier wurde es dann auch für mich interessant. Hatte ich bisher unter Speicherplätzen die drei Dantian und die sieben Po verstanden, also Bereiche, in denen Qi gespeichert werden kann, so meinen die beiden Autoren damit jene Zonen, in denen Blockaden, Staus oder Barrieren entstehen. Hier sehen sie die Hauptarbeit auf dem Entwicklungsweg, der in einem zweiten Band fortgesetzt werden soll.

 

Da die Autoren ankündigen, dort auf die Aspekte von Hun und Po einzugehen, hoffe ich, dass dann die indischen Chakren eingetauscht werden gegen die chinesischen Po. Einfach, damit man in einem System bleibt.

 

Die Ausstattung zeigt, was der Inhalt den beiden bedeutet. Zwischen einem soliden Hardcover finden wir gebundenes Kunstdruckpapier, und das wiegt. Ob das nötig war, sehe ich nicht. Die Grafiken wären auch auf normalem Papier gut zur Geltung gekommen. Zumal die im Kapitel über Yin und Yang sehr sympathischen Handzeichnungen, welche die verschiedenen Fülle- und Leerezustände zeigen. Solche Zeichnungen hätte ich mir durchgängig gewünscht. In dem Diagramm über die Gewinnung und den Verlauf des Qi im Menschen geht leider jedweder Überblick verloren. Das wäre besser auf mehrere Graphiken aufgeteilt worden. Die Kapitel sind in übersichtliche Abschnitte unterteilt, mit fetten Überschriften, die auch beim Blättern Gesuchtes schnell ins Auge springen lassen. Überhaupt ist das Buch gut lesbar gestaltet, in einer großen, aber feinen Grundschrift.

 

Das Buch ist solide und sein Geld wert. Es sollte bei allen, die Qigong besser begreifen oder vermitteln wollen, im Regal stehen.

 

Rezension von Claudia Hufnagel-Zenz in Bibliotheksnachrichten (Österreichisches Bibliothekswerk), 2/2014, S. 286

 

Qigong lächelt dem Körper, dem Geist und der Seele in der Einheit zu. (NK)

 

Gemessen an dem Reichtum unserer Mög­lichkeiten leben wir die Tage in voranschreiten­der Reduktion zu uns selbst und zur Welt. Das lässt unserer Entwick­lung wenig Raum und birgt die Gefahr der Er­krankung. Mit größter Sorgfalt und dem Hin­tergrund jahrzehntelanger Selbsterfahrung tra­gen die Autoren einen Kosmos empirischer Ver­flechtungen zu einem verständlichen Ganzen zusammen mit dem Blickwinkel auf östliche wie westliche Medizin, Physik wie Kunst, bis hin zu den Religionen und der Philosophie. Dabei wird auch die Geschichte des Qigong nicht vernachlässigt. Die komplementären Systeme werden lustvoll-abwechslungsreich mit farbigen Tabel­len, Grafik, Fotos, Abbildungen, in mit frischem Grün hervorgehobenen Zitaten (z.B. von de Chardin, Meister Eckehart, Heine, C.G. Jung, Laotse etc.) und Merksätzen, in zwei Spalten mit Großdruck je Seite und übersichtlich unterteil­ten Kapiteln nahegebracht.

 

Gerhard Wenzel ist Arzt mit Studium für TCM (zweimal längerer Chinaaufenthalt), Musikwis­senschaften und Sinologie, er etablierte 1991 die Österreichische Qigong-Gesellschaft mit der Ausbildung für diplomierte Qigong-Lehrende­ Norbert Herwegh, u.a. in TCM, Anmo-, Klas­sischer Homöopathie- und Pflanzenheilkunde ausgebildet, lehrt Qigong im ÖQGG (Ostert Qigong Gesellschaft).

 

Schnell wird verständlich, dass Qigong mehr kann, als uns in unserer Körperlichkeit wahrzu­nehmen. Der "integrierenden Sicht aller Phä­nomene der Welt" liegt ein Bewusstwerden und Währendes zugrunde, das die geistige Bewe­gung des Betens unterstützt. Die beschriebenen Wechselbeziehungen zwischen den Elementen, den Organfunktionen, den Krankheitssymptomen, den persönlichen Grundstimmungen werden transparent und erfahrbar. Mit neugie­riger Konzentration setzt sich ein Prozess der Erkenntnis in Gang, der Mut macht, die in uns enthaltenen Energien im Hier und Jetzt freizu­setzen. Die Suchbewegungen, wie Körper und Geist funktionieren, gehen weit über den gän­gigen Dualismus hinaus. Bei der Selbsterziehung in Achtsamkeit unserer Seele werden wir liebe­voll an die "lesende" Hand genommen neben den unumstößlichen Erkenntnissen in der Erfahrung disziplinierter Übungen.

 

Ein sensibles wissenschaftliches Buch, dem die unbändige Freude erwächst, den Schatz des Lebens auszukosten.

 

Rezension von Zeynep Sayman, Kursleiterin der Deutschen Qigong Gesellschaft im ‘tiandiren journal‘, März 2015

 

Zu Beginn meiner Qigong-Kursleiterausbildung im Jahr 2008 in Berlin hielt ich »Qigong – Quelle der Lebenskraft« von Gerhard Wenzel als Empfehlung meiner Ausbilder Walter Gutheinz und Rainer Jakisch zum ersten Mal in den Händen. Ein geflügeltes Wort die „Wenzelbibel“. Sie wurde während der Ausbildungsphase mit zwinkerndem Auge gerne zitiert und als Nachschlagewerk für die TCM verwendet.

 

Heute, im Januar 2015, liegt mir das Buch »Im Fluss des Lebens – Der Entwicklungsweg im Qigong«, geschrieben von Gerhard Wenzel und Norbert Herwegh, zur Rezension vor.

 

Die Intention dieses Werks ist schon im Titel genannt. Die Altmeister des Qigongs möchten den Übenden mit diesem Buch einen Wegweiser für ihre Entwicklung auf dem Qigong-Weg geben. Auf den ersten Blick scheint es nichts Neues zu behandeln, im Inhaltsverzeichnis finden sich Themen wie »Das polare Konzept von Yin und Yang«, »Qigong und die traditionelle chinesische Medizin« oder »Die Lehre von den 5 Elementen« usw. Auf den zweiten Blick jedoch fällt auf, dass die Autoren ungewöhnlich erfrischend die chinesischen Erkenntnisse zum Thema der persönlichen und spirituellen Entwicklung mit den Weisheitslehren von westlichen Philosophen, Psychotherapeuten und Autoren ergänzen. Zitate und Fußnoten stellen Zusammenhänge her und machen deutlich, dass der östliche Qigong-Weg und die westliche Weisheitslehre zum gleichen Ziel führen; zum »Wahren Menschen - dem Zhenren«.

 

Das siebte Kapitel, »Speicherplätze« finde ich persönlich sehr spannend wie auch streitbar, denn hier verknüpfen die Autoren das jahrhundertealte Wissen aus dem Qigong mit wissenschaftlichen Forschungen aus der heutigen Zeit. Als Beispiel wird eine Veröffentlichung von Frau Prof. Candance B. Pert genannt, die beweisen konnte, dass ungelöste Emotionen sich in Eiweißstrukturen, in so genannte Neuropeptide wandeln und im Körpergewebe ablagern. Außerdem gibt es Forschungen zum Zusammenhang von unterschiedlichen Emotionen und dem Aussehen bzw. der Zusammensetzung der Eiweißstrukturen. In der Fußnote156 steht hierzu:“ Japanischen Wissenschaftlern ist es gelungen Neuropeptide sowohl für Angst als auch für Aggression zu isolieren und in Kreuzversuchen zu bestätigen“. Auf Seite 221 wird hierzu folgendes weiterausgeführt: »Aus der Beobachtung der Wechselwirkungen im Qigong hat sich immer wieder ergeben, dass typische unaufgelöste Belastungen mit jeweils bestimmten, für alle Menschen gültigen Körperstellen reagieren und so die Grundlage der Speicherplätze mit typischen aus den unaufgelösten Belastungen resultierenden Inhalten bilden. «

 

Wie man sich unschwer vorstellen kann, rauben diese ungelösten gespeicherten Emotionen dem Menschen viel Kraft und können auf körperlicher Ebene Krankheiten befördern und auf energetischer Ebene, Barrieren bilden die den Energiefluss also den Qi-fluss, hemmen.

 

Wie diese Speicherplätze geleert und in Kraftplätze gewandelt werden können ist das weitere Thema dieses umfangreichen Kapitels. Die Praxis von Qigong und Anmo unterstützt nicht nur die Bewusstwerdung von verdrängten Gefühlen sondern sie kann auch den positiven inneren Wandel herbeiführen und das Entstehen von neuen Speicherungen verhindern. Die Auflösung der körperlich-geistigen Barrieren trägt das Potential des Wandels und der Neuerung in sich.

 

Das Buch entspricht seiner äußeren Form; es ist herausragend und vielschichtig, übersichtlich strukturiert und anschaulich gestaltet.